Die Spinalanästhesie dient der Schmerzausschaltung während der Operation. Durch die Betäubung der vom Operationsgebiet ins Rückenmark ziehenden Nerven kann operiert werden, ohne dass der Patient dabei Schmerzen hat.
Die Spinalanästhesie kann prinzipiell bei Eingriffen unterhalb des Bauchnabels angewendet werden, beispielsweise bei Operationen an den Beinen, im Becken- und Dammbereich oder im Unterbauch. Die Betäubung wirkt normalerweise bis zu vier Stunden. Ist absehbar, dass der Eingriff länger dauert, ist unter Umständen eine Vollnarkose die bessere Alternative.
Der Vorteil der Spinalanästhesie liegt in der örtlich begrenzten Wirkung des Betäubungsmittels, das nur in kleinsten Mengen in den Blutkreislauf gelangt. Der Patient atmet während der Operation selbstständig, ein Beatmungsschlauch ist also nicht notwendig.
Die durch eine anhaltende Wirkung der Narkosemittel bei der Vollnarkose recht häufige Müdigkeit nach der Operation kommt bei der Spinalanästhesie praktisch nicht vor. Übelkeit nach der Operation kann zwar ebenfalls auftreten, ist jedoch seltener. Ein nicht zu unterschätzender weiterer Vorteil ist, dass der Patient nach der Operation, sofern es die Lokalisation der Operation zulässt, schon sehr viel früher wieder trinken und essen kann als nach der Vollnarkose. Risiken und Komplikationsmöglichkeiten der Spinalanästhesie sind etwa mit jenen der Vollnarkose vergleichbar. In einem ausführlichen Gespräch mit dem Narkosearzt sollten die Vor- und Nachteile besprochen und die beste Methode für die jeweilige Operation ausgewählt werden.Patienten, die bestehende Störungen der Atmung, insbesondere ein sog. Schlaf-Apnoe-Syndrom (Aussetzen der Spontanatmung für kurze Zeit während des Schlafens), oder bestimmte Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, profitieren in der Regel von einer Spinalanästhesie, soweit es der Ort und die Technik des operativen Eingriffs zulassen. Eine Spinalanästhesie ist z.B. grundsätzlich nicht sinnvoll bei Eingriffen in der Bauchhöhle, die in endoskopischer Technik („Schlüssellochchirurgie“) durchgeführt werden. Dies schließt endoskopische Eingriffe in der Frauenheilkunde mit ein.
Grundsätzlich darf eine Spinalanästhesie nicht durchgeführt werden, wenn sie vom Patient aus Angst oder sonstigen Gründen abgelehnt wird. Wir werden Sie beraten und Ihre Entscheidung akzeptieren. Auch eine bekannte Allergie gegen die verwendeten Lokalanästhetika oder eine Entzündung an der Stelle, an der die Nadel eingestochen werden soll, verbieten diese Methode.
Bei Deformierungen der Wirbelsäule und bei Störungen der Blutgerinnung muss der Arzt genau abwägen, ob die Spinalanästhesie möglich ist oder ob er einer anderen Anästhesiemethode den Vorzug gibt. Dasselbe gilt für bestehende Erkrankungen des Gehirns und der Nerven, zum Beispiel bei Multipler Sklerose, sowie bei Bandscheibenvorfällen und bestehenden Nervenausfällen im zu betäubenden Bereich.
Die Wirbelsäule besteht aus insgesamt 24 Wirbelkörpern, die über Bänder miteinander verbunden sind und durch die umgebende Rückenmuskulatur stabilisiert werden. Die Wirbelkörper sind ringförmig und bilden so einen knöchernen Hohlraum, den so genannten Wirbelkanal, der das empfindliche Rückenmark schützend umgibt.
Wie das Gehirn ist auch das Rückenmark von einer Haut umgeben, der so genannten Dura (harte Rückenmarkshaut). Diese sackartige Hülle ist mit einer speziellen Flüssigkeit, dem Liquor, gefüllt. Der von der Dura gebildete Raum heißt Spinalraum. Zwischen der Dura und den Knochen und Bändern der Wirbelsäule befindet sich der Epiduralraum (Periduralraum). Er enthält Fett, Blutgefäße und die Wurzeln der aus dem Rückenmark austretenden Nerven, die auch für die Leitung der Schmerzempfindung verantwortlich sind. Bei der Spinalanästhesie wird das Betäubungsmittel in den Spinalraum gespritzt, bei der Epiduralanästhesie in den Epiduralraum.
Der Patient sitzt mit vornüber gebeugtem Oberkörper oder liegt mit rundem Rücken und angewinkelten Beinen auf der Seite. Dadurch weichen die einzelnen Wirbelkörper, die die Wirbelsäule bilden, auseinander und die Zwischenräume, durch die der Arzt die Nadel leiten muss, werden größer.
Zunächst bekommt der Patient eine örtliche Betäubung der Haut, damit der eigentliche Einstich mit der Spinalanästhesienadel nicht schmerzt. Mit einer speziellen Kanüle (Spinalnadel) punktiert der Narkosearzt meist zwischen dem dritten und vierten Lendenwirbel und schiebt die Nadel vor, bis er in den so genannten Spinalraum gelangt. Da dieser Raum mit Nervenflüssigkeit, dem Liquor, gefüllt ist, erkennt er an einem aus dem Ende der Nadel austretenden Tropfen, dass die Nadelspitze an der richtigen Stelle liegt.
Da beim erwachsenen Menschen das Rückenmark nur bis zum zweiten Lendenwirbel reicht, besteht nur eine extrem geringe Möglichkeit einer Rückenmarksverletzung. Ab diesem Punkt verlaufen im Rückenmarkskanal die aus dem Rückenmark entspringenden Nerven und bilden dort die so genannte "Cauda equina". Der Reihe nach verlassen diese so genannten Spinalnerven den Rückenmarkskanal durch ihre Austrittsstellen zwischen den Wirbeln.
Das nun eingespritzte Lokalanästhetikum betäubt diese Nerven und verhindert so die Weiterleitung von Schmerzen. Der Patient verspürt rasch zunächst ein Wärmegefühl in den Beinen, sie beginnen zu kribbeln und fühlen sich schwer an. Schon kurze Zeit später kann er die Beine nicht mehr oder nur eingeschränkt bewegen. Schmerzen werden in dem betäubten Gebiet dann nicht mehr wahrgenommen, der Arzt kann mit der Operation beginnen.
Nach der Operation muss der Patient noch einige Stunden im Bett bleiben, bis Gefühl und volle Kraft in dem betäubten Bereich wieder vorhanden sind. Da die Spinalanästhesie die Entleerung der Blase für einige Stunden behindern kann, muss gelegentlich ein Blasenkatheter zur Harnableitung eingelegt werden. Von dieser Anlage werden Sie nichts spüren.
Bei Operationen, die in Regionalanästhesie vorgenommen werden, gelten die gleichen intensiven Überwachungskriterien wie bei einer Vollnarkose. Der Blutdruck wird mit einer Blutdruckmanschette regelmäßig gemessen, die Herztätigkeit mit Hilfe eines EKG ständig überwacht. Mit einem Messfühler am Finger kann der Sauerstoffgehalt der roten Blutkörperchen gemessen werden. Über eine dünne Sonde oder eine Atemmaske wird meist zusätzlicher Sauerstoff verabreicht. Um während der Operation Infusionen und Medikamente verabreichen zu können, ist die Anlage einer sogenannten Verweilkanüle in eine Vene an Handrücken oder Unterarm notwendig. Der Einstich ist in der Regel nicht schmerzhafter als eine Impfung. Der verantwortliche Narkosearzt bleibt die ganze Zeit beim Patienten und betreut ihn.
Insgesamt betrachtet ist die Spinalanästhesie ein sehr sicheres Verfahren, um schmerzfreie Operationen zu ermöglichen. Wie bei jeder Methode gibt es gelegentlich Komplikationen, die aber meist nur vorübergehend sind. Bleibende Schäden sind extrem selten.
Etwa ein bis drei Prozent der Patienten klagen meist am zweiten Tag nach der Spinalanästhesie über Kopfschmerzen. Vor allem jüngere Patienten scheinen hiervon besonders betroffen zu sein. Der Schmerz entsteht wahrscheinlich durch einen geringen Verlust von Liquor, der Flüssigkeit, die das Rückenmark umgibt, an der Stelle des Einstichs. Im Stehen oder Sitzen ist der Schmerz am schlimmsten, im Liegen tritt in der Regel eine Besserung ein. Im Extremfall kann es erforderlich sein, dass der Patient einige Tage im Bett bleiben muss. Flaches Liegen, reichliches Trinken und gegebenenfalls Schmerzmittel helfen. In den meisten Fällen verschwindet der Kopfschmerz nach einigen Tagen wieder. Falls diese Maßnahmen nicht erfolgreich sind, gibt es die Möglichkeit eines so genannten „epiduralen Blutpatchs“. An der Stelle, an der das Leck entstanden ist, wird in den Spinalraum umgebenden Epiduralraum eine kleine Menge patienteneigenes Blut gespritzt. Dieses Blut gerinnt und verhindert so ein weiteres Austreten von Liquor. Bei anhaltendem spinalem Kopfschmerz kann ein solcher Patch auch einige Zeit nach der Spinalanästhesie noch helfen.
Kreislaufreaktionen wie Blutdruckabfall oder Verlangsamung des Herzschlags gibt es manchmal besonders am Anfang der Anästhesie. Sie lassen sich meist durch einfache Maßnahmen beheben. Um diesen Problemen vorzubeugen, bekommen die Patienten vor der Spinalanästhesie über eine Vene Flüssigkeit (Infusion) verabreicht.
Je nachdem, in welcher Höhe der Wirbelsäule die Spinalanästhesie durchgeführt wurde, können die für die Entleerung der Blase verantwortlichen Nerven von der Betäubung mit betroffen sein. Dadurch kommt es hin und wieder zu einer vorübergehenden Blasenfunktionsstörung. Die Blase kann nicht entleert werden, was vorübergehend die Einlage eines Blasenkatheters notwendig macht.
Gegen die modernen örtlichen Betäubungsmittel sind nur wenige Menschen allergisch. Der Arzt fragt im Rahmen des Narkosevorgesprächs nach bekannten Allergien.
Vor dem Spinalkanal liegt ein Geflecht aus Venen, durch das der Arzt die Nadel führen muss. Wird ein Gefäß verletzt, was trotz sorgfältigstem Vorgehen nicht in allen Fällen vermeidbar ist, kann sich ein kleiner Bluterguss bilden. In sehr seltenen Fällen ist eine Hirnblutung sowie eine Ansammlung von Blut unter der das Gehirn umgebenden harten Hirnhaut (subdurales Hämatom) möglich. Bei normaler Blutgerinnung verschließt sich die Wunde ganz schnell. Leidet der Patient jedoch unter einer Blutgerinnungsstörung, kann der Bluterguss so groß werden, dass er auf das Rückenmark Druck ausübt. In diesem sehr seltenen Fall kann sogar eine Operation zur Entlastung des Rückenmarks notwendig werden. Daher wird vor der Spinalanästhesie die Blutgerinnung im Labor untersucht. Gerinnungshemmende Medikamente müssen rechtzeitig nach ärztlicher Anweisung vor der Operation abgesetzt werden.
Diese Gefahr besteht zwar theoretisch, in der Praxis ist sie jedoch extrem gering, allein schon wegen der anatomischen Verhältnisse. Im Bereich der Einstichstelle befindet sich kein Rückenmark - dieses endet bereits oberhalb der Einstichstelle und der Raum, in dem die Nerven liegen, ist so groß, dass ein erfahrener Anästhesist in der Regel nicht in die Nähe der Nerven kommt.
Auf der Haut jedes Menschen lebt eine Vielzahl von Bakterien. Jeder Einstich durch die Haut birgt ein gewisses Risiko für eine Infektion. Bei der Spinalanästhesie kann es durch die Verschleppung von Keimen zu Hirn-, Rückenmark- oder Hirnhautentzündung kommen. Um dies zu verhindern, desinfiziert der Arzt den Bereich der Einstichstelle vor der Punktion sorgfältig und arbeitet grundsätzlich nur mit sterilen Materialien.