Unter Dystonien versteht man definitionsgemäß eine anhaltende, unwillkürliche Muskelkontraktion, die den Körper oder Körperteile in eine abnorme Haltung zwingt bzw. zu verzerrenden repetitiven Bewegungen führt.
Man unterscheidet nach dem klinischen Erscheinungsbild:
Die symptomatische Injektionsbehandlung der Dystonien mit Botulinumtoxin ist auf die folgenden Formen begrenzt:
Die cervikale Dystonie ist die häufigste Form der Dystonien. Man unterscheidet hierbei:
Das Bewegungsmuster kann tonisch (konstant) oder phasisch (wiederkehrend) sein. Es kann auch ein Kopftremor (Zittern des Kopfes) im Vordergrund stehen.
Wie auch bei den anderen Formen der Dystonien kommt es durch Stress, psychische Belastung oder auch bestimmte Tätigkeiten (wie z.B. Gehen, Sprechen usw.) zur Verstärkung der Symptome.
Bestimmte taktile Reize wie z.B. das Anlegen der Finger ans Kinn (sogenannte „geste antagonistique“) bessern andererseits bei etwa 70 Prozent die Symptomatik.
Die Injektionsbehandlung mit Botulinumtoxin in die betroffene Muskulatur ist Mittel der Wahl zur symptomatischen Therapie. Bei 90 Prozent der Fälle kommt es zu einer Besserung der Symptomatik.
Die Wirkdauer beträgt zehn bis zwölf Wochen.
Mögliche Nebenwirkungen, die durch Diffusion von Botulinumtoxin in die benachbarte Muskulatur entstehen sind:
Wie alle durch Botulinumtoxin verursachten Wirkungen sind auch die Nebenwirkungen komplett reversibel, meistens sogar viel schneller.
Beim Blepharospasmus kommt es zu Verkrampfungen des Musculus orbicularis oculi (Ringmuskel um die Augen), was zur mimischen Entstellung und zu einer Sehbehinderung führt. Zu Beginn klagen die Patienten über häufiges Blinzeln oder auch ein Fremdkörpergefühl, was durch emotionale Belastung, Streß, grelles Sonnenlicht, Lesen, Gehen oder Fernsehen oft verstärkt wird.
Man unterscheidet einen tonischen Blepharospasmus (anhaltender kräftiger Lidschluss) und einen klonischen Blepharospasmus (wiederholter Lidschluss). Eine Variante ist die Lidöffnungsapraxie/Lidöffnungsinhibitionstyp, bei der die Patienten beklagen, die Augen nicht öffnen zu können. Oft ist die Stirn in Falten gelegt und die Augenbrauen sind hochgezogen. Sind weitere Muskeln im Gesichts- bzw. Kieferbereich betroffen, spricht man von Meige-Syndrom.
Die Injektionsbehandlung mit Botulinumtoxin ist Mittel der Wahl. Bis zu 90 Prozent der Patienten profitieren von der Behandlung. Bei der Lidöffnungsapraxie gibt es leider öfter unbefriedigende Therapieerfolge. Die Wirkdauer beträgt 8 bis 14 Wochen.
Die Injektionen erfolgen subcutan (ins Unterhautfettgewebe) an mehreren Stellen rund um das Auge bzw. an zwei Stellen auf dem Oberlid.
Mögliche Nebenwirkungen treten bei 5 bis 15 Prozent der behandelten Patienten auf und sind:
Wie alle durch Botulinumtoxin verursachten Wirkungen sind auch die Nebenwirkungen komplett reversibel, meistens sogar viel schneller.
Unter oromandibulären Dystonien versteht man komplexe Dystonien mit Beteiligung der Zungen-, Kaumuskulatur sowie Gesichtsmuskulatur der unteren Gesichtshälfte.
Kieferdystonien äußern sich in Kieferöffnungs- und Kieferschlussdystonien und führen zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Sprechens, Kauens und Schluckens. Sie treten häufig nach chronischer Neuroleptikaeinnahme auf.
Häufig ist durch die Injektionsbehandlung mit Botulinumtoxin nur eine Linderung der Beschwerden zu erreichen.
Beim Meige Syndrom (siehe bei Blepharospasmus) führt die Behandlung des Blepharospasmus allein schon häufig zu einer Besserung der Dystonie in der unteren Gesichtshälfte. Im weiteren Verlauf kann man weitere Gesichtsmuskeln injizieren. Dies sollte aber wegen möglicher vorübergehender Lähmung der Muskulatur (z.B. Mundwinkeltiefstand) und Behinderung beim Essen oder Sprechen mit Zurückhaltung erfolgen.
Der Bruxismus, der nicht zu den Dystonien gehört, kann durch ein ständiges Zähneknirschen zum Abschleifen der Zähne führen. Hierbei erfolgt die Botulinumtoxininjektion in den Musculus masseter (Kieferschließer), häufig mit zufriedenstellendem Erfolg.
Mögliche Nebenwirkungen der Behandlung der oromandibulären Muskulatur sind:
Wie alle durch Botulinumtoxin verursachten Wirkungen sind auch die Nebenwirkungen komplett reversibel, meistens sogar viel schneller.
Der Schreibkrampf ist die häufigste Form der aufgabenspezifischen Dystonien. Andere Beschwerdebilder sind der „Musikerkrampf“, Dystonien, die beim Tippen am Computer oder bei der Ausübung von Sportarten (z.B. Golf) beobachtet werden.
Es kommt zur Muskelkontraktion antagonistischer Muskeln (Gegenspieler), vor allem am Unterarm, zum Teil sind aber auch Oberarm- und Schultermuskeln beteiligt.
Meist treten die Verkrampfungen bereits zu Beginn des Schreibens auf, selten erst nach längerem Schreiben. Im Verlauf tritt der Schreibkrampf bei 20 Prozent auch an der Gegenseite auf.
Die effektivste Form der Behandlung des Schreibkrampfs ist die Injektionsbehandlung mit Botulinumtoxin, wobei nur etwa die Hälfte der Patienten zufriedenstellend profitiert.
Mögliche Nebenwirkungen sind Lähmungen der injizierten Muskeln und durch Diffusion in benachbarte Muskeln auch dieser. Das Risiko kann durch vorsichtiges Aufdosieren und Verteilen der Dosis auf mehrere Injektionspunkte reduziert werden.
Wie alle durch Botulinumtoxin verursachten Wirkungen sind auch die Nebenwirkungen komplett reversibel, meistens sogar viel schneller.
Ergänzend können ergotherapeutische Übungsbehandlungen angewandt werden.