Während beim älteren Patienten mit komplettem Schaden des Knorpels an der Gelenkoberfläche des Knies meist die Indikation zum Oberflächenersatz (Knie-TEP) gestellt werden muss, gibt es bei lokalen Knorpelschäden beim jüngeren Patienten ein individuelles Stufenkonzept.
Der Gelenkknorpel überzieht den Knochen und hat eine dämpfende und schützende Funktion im Gelenk. Im Laufe der Jahre und Jahrzehnte verliert der Knorpel seine Regenerationsfähigkeit und seine Elastizität. Folge hieraus ist ein zunehmender Abbau durch Abnutzung und eine zunehmende Gelenksspaltverschmälerung. Schmerzen, Knochenanbauten und eine Bewegungseinschränkung des Gelenkes können Zeichen der fortschreitenden Arthrose sein. Entstandene Schäden werden je nach Regenerationsfähigkeit, also auch abhängig vom Alter des Patienten mit mehr oder weniger minderwertigem Knorpelersatzfasergewebe zum Teil ersetzt. Entscheidend für die Knorpeltherapie ist daher das Patientenalter und ob es sich um einen langsam über Jahre entstandenen Knorpelschaden handelt oder ob eine akute Knorpelverletzung vorliegt. Begleitpathologie wie Achsfehlstellungen (X-Bein oder O-Bein, bzw. Instabilitäten) müssen unbedingt in die Therapieentscheidung miteinbezogen werden.
Typischerweise treten diese Verletzungen bei Knieverrenkungen auf, insbesondere wenn es zu einer Luxation der Kniescheibe kommt. Hier können Knorpelstücke, sowohl am Oberschenkel als auch an der Kniescheiben-Rückfläche selbst herausbrechen. Je nach Größe des Knorpel- oder auch Knorpel-Knochen-Fragmentes erfolgt die Refixation oder Herausnahme des freien Fragmentes. Kleine Schrauben oder auch auflösbare Pins stehen zur Verfügung. Eine Behandlung sollte zeitnah zum Unfallereignis erfolgen.
Die Knorpelschäden lassen sich einfach in vier Stadien klassifizieren
Die Therapie richtet sich nach Defektgröße, Defektstadium, Patientenalter und Begleitpathologien.
Die sog. Abrasionsarthroplastik des aufgefaserten Knorpels erfolgt arthroskopisch meistens als Begleittherapie bei Meniskus-Bandoperationen.
Die mechanisch störend rauhe Knorpeloberfläche kann mit speziellen rotierenden Instrumenten („Shaver“) geglättet werden. Überwiegend kommt diese Therapie im Stadium 1-3 zum Einsatz.
Die Mikrofrakturierung bzw. Anbohrung des freiliegenden Knochens erfolgt mit kleinen Bohrern bzw. spitzen Instrumenten. Hierbei werden kleine Knochenkanäle geschaffen und es kommt zum Einbluten in die Defektzone.
Dieser sog.“ Blutpropf“ enthält regenerative Zellen, welche in ein Knorpelersatzgewebe umgewandelt werden. Dieses Gewebe ist meist minderwertig im Vergleich zum originalen hyalinen Knorpel, aber der Defekt kann somit ausgefüllt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass die Patienten eine Teilbelastung von bis zu 6 Wochen einhalten. Dieses Verfahren kann einfach arthroskopisch bis zu einer Defektgrösse von 2-3 cm2 durchgeführt werden.
Größere Defekte bis zu 4 cm2 können mit der sog. Autologen Knorpel-Knochen-Transplantation ersetzt werden. Hier wird die Defektzone ausgestanzt und mit einem exakt angepassten Knochen-Knorpel-Stanzzylinder aus einer wenig belasteten Gelenkzone wieder aufgefüllt.
Die Zylinder-Verfügbarkeit ist deshalb begrenzt. Nachteil ist das Schaffen einer neuen Defektzone eines minderbelasteten Gelenkanteils. Vorteil ist, dass ein hochwertiger hyaliner Knorpel in der Defektzone entsteht.
Bei sehr großen Knorpeldefekten 3-10 cm2 kann ein zweizeitiges Vorgehen indiziert sein. Hierbei werden in einer kleinen arthroskopischen Operation kleine Knorpelstanzen (ca. 4 mm) aus einem wenig belasteten Gelenkanteil genommen.
In einem aufwendigen Verfahren werden die Knorpelzellen in einer Zellkultur im Labor angereichert und vermehrt, bis die gewünschte Knorpelzellanzahl vorhanden ist. Anschließend können die Knorpelzellen auf einem Trägermaterial (Matrix) aufgebracht werden und sich weiter vermehren. Dauer der Behandlung im Labor ca. 3 Wochen. In einer zweiten Operation wird die Matrix in die Defektzone eingebracht. Dies kann offen mit Randnähten erfolgen. Auch das arthroskopische Einbringen in die Defektzone ist mittlerweile möglich, v.a. wenn die Knorpelzellen in Form von „haftenden Kügelchen“ vorliegen.
Die Knorpelzellen werden hierbei einfach über ein kleines Arthroskopieportal mit einer Pipette in die Defektzone eingebracht. Vorteil des Verfahrens ist, dass die Defektzone mit komplett neuen Knorpelzellen gefüllt werden kann. Nachteil ist, dass es sich um ein zweizeitiges und teures Verfahren handelt mit langer Nachbehandlungszeit mit Entlastung der Extremität bis zu 3 Monaten. Bei Arthrose, unbehandelten Instabilitäten oder Achsfehlstellungen, fehlendem Meniskus, bereits korrespondierenden Knorpelschäden (sog. „kissing lesions“) oder höherem Alter sollte das Verfahren aufgrund der schlechten Ergebnisse ebenfalls nicht angewandt werden. Hier spielt z.B. der künstliche Gelenkersatz wieder eine Rolle.
Bei einseitiger Abnutzung des Knorpels durch Achsenfehlstellung (X- oder O-Bein) des Gelenks besteht die Option einer Achsenkorrektur, die zur Entlastung des geschädigten Knorpels führt.
Hiermit kann eine Kniegelenksendoprothese in den meisten Fällen um viele Jahre hinausgeschoben oder gar gänzlich vermieden werden. Diese Möglichkeit besteht auch immer in Ergänzung zu den anderen genannten Therapieoptionen.