Das vordere und hintere Kreuzband, sowie die Seitbänder (Innen-Außenband) bilden die entscheidenden passiven Stabilisatoren des Kniegelenkes.
Eine isolierte Bandverletzung kann alleine für sich bereits ausreichend sein, um den Bewegungsablauf und die Instabilität des Kniegelenkes erheblich zu stören. Seitenbandverletzungen, insbesondere Innenbandläsionen können meistens (>90%) konservativ behandelt werden, da oftmals nicht alle Bandanteile gerissen sind. Bei kombinierten Bandverletzungen (Kollateralband und Kreuzband) ist die Therapie komplex und folgt einem speziellen Algorhythmus. Eine Behandlung sollte in jedem Fall durch einen spezialisierten und erfahrenen „Sportorthopäden-Sporttraumatologen“ erfolgen. Eine nicht erkannte Begleitverletzung z.B. des hinteren Kreuzbandes kann dazu führen, dass die konservative Therapie komplett versagt.
Lediglich bei kompletter Ruptur des Innenbandes (zusätzlich hinteres Schrägband rupturiert) zeigt sich auch eine Instabilität im „X-Beinstress“ bei gestrecktem Bein. Eine zeitnahe offene Naht und Rekonstruktion innerhalb der ersten 3 Wochen nach Trauma ist empfohlen. Eine zu spät erfolgte Therapie kann eine lebenslange Instabilität zur Folge haben. Die Ergebnisse einer Bandplastik im chronischen Stadium sind erheblich schlechter als die sehr guten Ergebnisse der primären Bandnaht im akutem Stadium. In den ersten 2 Wochen ist meist eine fixierte Orthese (Foto Mecron) sinnvoll, bevor auf eine bewegliche und funktionelle Orthese umgestellt werden kann.
Wie bei der kompletten Ruptur erfolgt hier die Behandlung mit einer funktionellen Knieorthese bis zu 3 Monaten, welche mit unterschiedlichen Beugewinkeln eingestellt werden kann.
Eine Ausheilung und das ursprüngliche Aktivitätsniveau des Patienten ist meistens nach 8-12 Wochen, je nach Schweregrad der verletzten Bandfasern, erreicht.
Ausschlaggebend für die zentrale Stabilität im Kniegelenk ist das vordere und hintere Kreuzband. Die vordere Kreuzbandruptur zählt zu den häufigsten Bandverletzungen. Der typische Verletzungs-Mechanismus ist ein Beuge-Rotationstrauma zum Teil mit Druck von der Außenseite (Valgusstress) wie es häufig bei Kontakt-Ballsportarten wie Fußball, Handball, Basketball etc. vorkommt. Auch eine Ruptur des Vorderen Kreuzbandes (VKB) ohne fremden Körperkontakt ist nicht selten und tritt gehäuft beim alpinen Skifahren auf.
Im Akutstadium kommt es oftmals zu einer schmerzhaften Schwellung mit zum Teil Beuge- und Streckhemmung im Kniegelenk. Im weiteren chronischen Verlauf ist bei verbleibender Instabilität v.a. in der Rotation, das natürliche Gelenkspiel erheblich gestört. Die Patienten berichten immer wieder über ein „Einknicken“ im Kniegelenk, das sog. „Giving way-Gefühl“. Die Patienten können sich hierdurch nicht mehr 100% auf ihr Kniegelenk verlassen und diese Rotationsinstabilität wird als Unsicherheit empfunden. Das Risiko von Folgeschäden an Meniskus und Knorpel, also die Gefahr der Entwicklung einer Arthrose ist hierdurch deutlich erhöht.
Die Therapie ist immer individuell angepasst und richtet sich nach dem Schweregrad der Instabilität, dem Alter und dem Aktivitätsniveau (Sport-Beruf-Alltag) des Patienten. Prinzipiell empfehlen wir beim sportlich aktiven Patienten mit einer Rotationsinstabilität die operative Versorgung. Bei Patienten mit geringer Instabilitätssymptomatik und niedrigem Aktivitätsniveau s ist oftmals die konservative Therapie möglich. Regelmäßige klinische Stabilitätsüberprüfungen sollten erfolgen, um eine zunehmende Instabilität nicht zu übersehen.
Die Operationsverfahren entwickeln sich stetig weiter, so dass heute die arthroskopische Technik mit Verwendung körpereigener Sehnen (Transplantate) als Goldstandard angesehen werden kann. Durch die minimal-invasiven Techniken kommt es zu besseren kosmetischen Ergebnissen, weniger Schmerzen und einer frühzeitigen Rehabilitation. Auch Nahtrekonstruktionsverfahren sind in Einzelfällen denkbar.
Die Auswahl der Transplantate und Fixationstechniken sind vielseitig und können auch hier individuell dem Patienten angepasst werden. So können die Vor- und Nachteile der verschiedenen Operationsverfahren mit dem Patienten im Vorfeld besprochen werden. Alle Transplantate erreichen eine ähnliche bzw. höhere Zerreißkraft als das natürliche Kreuzband.
Merke: Nicht das verwendete Transplantat oder die Technik der Fixation ist in erster Linie für das Ergebnis der vorderen Kreuzbandrekonstruktion entscheidend, sondern die exakte Positionierung des Transplantates im Knochen.
Die Beugesehnen kommen dem Kreuzband von der Elastizität am nächsten und haben die geringste Entnahmeproblematik der körpereigenen Sehnen. Niedrige Schmerzen hierdurch und die Möglichkeit der Verwendung von 3-fach, 4-fach, 6-fach gelegten Transplantaten oder auch die Doppelbündel-Technik sind hierdurch möglich. Oftmals ist die alleinige Entnahme der Semitendinosussehne ausreichend.
Vorteil des mittleren Drittels der Patellarsehne ist der anhängende Knochen an den Enden. Dieses sog. „Bone-Tendon-Bone“ (Knochen-Sehne-Knochen) Transplantat (BTB) ermöglicht eine schnellere knöcherne Einheilung und kann bei Revisionseingriffen mit Knochenverlust von Vorteil sein. Nachteil ist der immer wieder beschriebene vordere Knieschmerz, der zwar sehr selten nach Entnahme auftritt, jedoch dann unter Umständen störend bleiben kann. Weiterer Nachteil ist eine mögliche Minderung der Streckkraft im Kniegelenk.
Die Vor- und Nachteile des Quadricepssehnen-Transplantates sind mit denen des „BTB-Transplantes“ vergleichbar. Dieses Transplantat kann mit einem anhängenden Knochenstück aus der Kniescheibe oder ohne Knochen verwendet werden.
In Einzelfällen muss auf eine Spendersehne zurückgegriffen werden. Gerade wenn es zu einer mehrfachen Bandverletzung gekommen ist und keine eigenen Sehnentransplantate zur Verfügung stehen. Vorteil ist die unbegrenzte Anzahl der Sehnen und der Wegfall der Entnahmeproblematik. Leider besteht eine höhere Versagensrate und eine Möglichkeit der Immunreaktion auf das Transplantat, sodass sich dieses Transplantat in Deutschland nicht als Standard durchsetzen konnte.
Unterschiedlichste Fixationstechniken stehen heutzutage zur Verfügung. Am meisten verwendet werden Schrauben (oftmals aus bioresorbierbaren Materialien) und Buttons (Knöpfe). Auch die Kombination der unterschiedlichen Materialen kann sinnvoll sein. Entscheidend ist, dass alle Fixationstechniken, bei regelrechter Anwendung die Primärstabilität gewährleisten. Die Einheilungsphase des vorderen Kreuzbandtransplantates ist und bleibt zeitlich biologisch vorgegeben. Gerade bei Kindern wirken sich Kreuzbandinstabilitäten erheblich auf Folgeschäden am Meniskus- und Knorpel aus. Hier steht uns mit den Hamstringsehnen-Transplantat und der schraubenlosen Fixationstechnik („Button-Technik“) eine hervorragende Möglichkeit zur Verfügung, die kindlichen Wachstumsfugen bei der Kreuzbandoperation zu schonen.
Bei einem knöchernem Ausriss der vorderen Kreuzbandes (Bild), rekonstruierbaren Meniskus-Rupturen, komplexen Bandverletzungen (Seitenbänder und Kreuzband) kann die frühzeitige Rekonstruktion innerhalb der 48h erfolgen. Ansonsten sollte die akute Entzündungsphase abgewartet werden, um das Risiko einer postoperativen Bewegungssteife (Arthrofibrose) zu vermeiden. Meistens liegt der optimale Zeitpunkt zwischen der 3. bis 8. Woche nach Verletzungstrauma. Bis dahin sollten eine nahezu komplette Streckbarkeit und eine Beugung über 120° wieder möglich sein.
Ab 6. Woche: Walking, Radfahren
Ab 8. Woche: Radfahren, Schwimmen Kraulschlag
Ab 12. Woche: Jogging
6.- 9. Monate: Beginn Rotationssport (Fußball, Handball, Tennis, Skifahren, Golf etc.)
Das Erkennen und Therapieren von Verletzungen des Hinteren Kreuzbandes (HKB) stellt eine hohe Anforderung an den Behandler dar. Eine verzögerte oder falsch eingeleitete Behandlung, kann sich unter Umständen für den Patienten sehr negativ auswirken. Bei ca. 10% der Kreuzbandverletzungen handelt es sich um eine hintere Kreuzbandruptur. Männer sind mit einem Geschlechterverhältnis von 4:1 häufiger betroffen als Frauen. Unfallmechanismus ist oftmals ein Schlag oder Anprall von vorn auf das Schienbein bei gebeugtem Kniegelenk, wie es z.B. bei Motorradunfällen, Anschlag am Armaturenbrett beim Autofahren oder durch einen Gegenspieler bei Kontaktsportarten vorkommen kann. Das HKB ist das stärkste Band am Kniegelenk und stabilisiert das Kniegelenk vor der Rückwärtsverlagerung des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel. Hiernach richtet sich auch die Therapie.
Initial kann die Hämatomschwellung und das Instabilitätsgefühl weniger ausgeprägt sein, als bei der vorderen Kreuzbandruptur. Einige HKB-Verletzungen werden daher auch heute noch in der Primärdiagnostik übersehen!
Man achte auf Prellmarken am Schienbeinkopf und Hämatombildungen in der Kniekehle. Ein nach „Hintenfallen“ des Schienbeins im sog. Schubladentest oder gar ein spontan nach hinten fallender Unterschenkel gegenüber dem Oberschenkel ist ein nahezu sicheres Zeichen der HKB-Ruptur und kann durch einen erfahrenen Behandler leicht erkannt werden. Bei grober Instabilität müssen weiter Bandverletzungen und v.a. eine Gefäßverletzung ausgeschlossen werden.
Trotz schwerwiegender Verletzung im Vergleich zur VKB-Ruptur sind die Ergebnisse der konservativen Therapie besser. Voraussetzung hierbei ist allerdings, dass die HKB-Ruptur initial erkannt und konsequent fachgerecht mit einer speziellen Orthese behandelt wird.
Die PTS-Orthese (Posterior Tibial Support) schützt den Unterschenkel vor dem o.g. Zurückfallen gegenüber dem Oberschenkel. Bei konsequenter Anwendung können bei der isolierten HKB-Ruptur konservativ gute Ergebnisse erzielt werden.Bei verbleibender höhergradiger Instabilität ist die operative Versorgung indiziert. Transplantate und Fixationsmaterialen sind dieselben wie bei der vorderen Kreuzbandrekonstruktion. Die Operationstechnik und die Nachbehandlung sind jedoch aufwendiger.
Erfolgt individuell mit der PTS-Orthese (bis zu 3 Monate v.a. nächtlich) und einer speziellen Gelenkorthese (v.a. tagsüber).
Merke: „ Nicht jede Meniskus- oder Kreuzbandverletzung“ muss operiert werden“. Die Entscheidung hierüber, ist immer individuell an den Patienten angepasst!